Rechtstip der Woche: Internetrecht: wenn die online-Abofalle zuschnappt

Man sucht im Internet nach frei verfügbarer Software (sog. "Freeware") - findet eine entsprechende Internetseite mit der Downloadmöglichkeit, gibt seine Daten an und vollzieht den Download. Und erst viel später flattert die Rechnung des Seitenbetreibers über den Abschluss eines kostenpflichtigen Abbos ins Haus.

Ein solcher Vorgang geschieht Millionenfach - nach Studie des Sozialforschungsinstituts Infas aus dem Sommer 2011 wurden in den Jahren 2009 - 2011 über 5 Millionen Bundesbürger Opfer von Abofallen im Internet.

Dem arglosen Nutzer ist zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass er im Zusammenhang mit dem Download der Software oder eine Dokuments eine verbindliche Erklärung zum Abschluss eines – im Übrigen den strengen Bestimmungen des deutschen Fernabsatzrechts unterliegenden – rechtsverbindlichen Vertrages abgeben würde. Nirgends wird für Ihn einfach und klar verständlich ersichtlich, dass ein Vertrag zwischen Ihm und dem Seitenbetreiber zustande gekommen ist und zu welchen Bedingungen bzw. Kosten. Auch fehlt es innerhalb des Webangebots des Anbieters meist an einem eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Kostenhinweis sowie auf das dem Nutzer zustehende Widerrufsrecht.

Daran lässt sich ansetzen.

Zunächst ist die im Rahmen des Besuchs des streitgegenständlichen Internetangebots durch den Nutzer abgegebene Erklärung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Bezugnahme auf den wirklichen Willen des Erklärenden sowie den objektiven Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass hier ein kostenpflichtiges Angebot zu keinem Zeitpunkt genutzt werden sollte.

Im Hinblick darauf, dass der Seitenbetreiber nicht eindeutig auf die Kostenpflichtigkeit des Angebots hingewiesen hat, kann er nach Treu und Glauben in der Erklärung des Nutzers auch keine Willenserklärung sehen, die auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages gerichtet war. Dies ist im Übrigen regelmäßig immer dann der Fall, wenn sich die Preisbezeichnung eines Internetdienstes ausschließlich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters befindet. Eine solche Preisangabe ist für den Verbraucher überraschend und damit gemäß § 305c Abs. 1 BGB unwirksam.

So kann aufgrund der Verstöße gegen die Bestimmungen des Fernabsatzrechtes - insbesondere der Missachtung der dem Anbieter obliegenden Hinweis- und Informationspflichten sowie ggf. auch der Nichtigkeit der entsprechenden AGB-Klausel hinsichtlich der Kostenpflichtigkeit des Angebots das Zustandekommen eines wirksamen Vertrages bzw. einer entsprechenden Vereinbarung über eine kostenpflichtige Nutzung des Internetangebots meist nicht gesehen werden.

Dies bestätigt auch die Rechtsprechung. So hat das Landgericht Darmstadt - Az.: 9 O 257/07 ein solches Geschäftsgebaren eines Internetanbieters als irreführend und damit als wettbewerbswidrig angesehen. Ebenso stellte das Landgericht Frankfurt - Az. 2-06 O 514/08 - fest, dass ein Internetangebot ohne einen „leicht erkennbaren Kostenhinweis“ wettbewerbswidrig ist.

Das Amtsgericht Wiesbaden entschied mit Urteil vom 04.08.2008 - AZ: 93 C 619/08 - dass ein Erstattungsanspruch gegen den Abofallenbetreiber nicht besteht. Gleich entschied das Amtsgericht Leipzig (Az.: 18 C 10105/09). Danach kommt selbst wenn der Verbraucher sich unter Angabe seiner vollständigen Daten angemeldet hat, kein wirksamer Vertrag zustande, sofern die Angabe des Preises so platziert ist, dass ein Besucher der Homepage nicht damit rechnen muss. Das Amtsgericht Marburg (Az.: 91 C 981/09) sieht das ebenso.

Selbst wenn die Preisangabe in den AGB enthalten ist und der Verbraucher bestätigt hat, die AGB zur Kenntnis genommen zu haben, stellt dies keine leichte Erkennbarkeit des Preises dar. Der Verbraucher müsste nämlich zunächst eine Fülle anderer Informationen lesen, bevor er an versteckter Stelle in den AGB auf die Entgeltpflichtigkeit stößt (so AG München in seinen Urteilen Az. 161 C 23695/06 vom 16.01.2007 und 262 C 18519/08, AG Berlin -Mitte, Urteil vom 05.11.2008, 17 C 298/08, LG Mannheim, Urteil vom 14.01.2010, 10 S 53/09 oder AG Leipzig, Urteil vom 03.02.2010, 118 C 10105/09).

Und es geht noch weiter:

Aufgrund der Entscheidungen des AG Karlsruhe, Urteil vom 12.08.2009 – AZ: 9 C 93/09 und des Landgerichts Mannheim, Urteil vom 14.01.2010 - AZ: 10 S 53/09 – steht dem Abgezockten auch ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten gegen den Abofallenbetreiber zu.

Rechnungen, Mahnungen und Aufforderungsschreiben von Inkassobüros können also in der Regel unbeachtet bleiben. Dennoch sollte im Zweifel ein Anwalt hinzugezogen werden - jedenfalls für Fälle aus der Vergangenheit. Für die Zukunft sollen die Verbraucher durch die Einführung der "Buttonlösung" vor solchen Internetbetrügereien geschützt werden. Der vom Bundeskabinett am 24.8.2011 beschlossene "Regierungsentwurf zur Bekämpfung von Abo- und Kostenfallen im Internet" wurde am 2.3.2012 auch vom Bundestag als Gesetz beschlossen. Mehr dazu hier.

Das Verbraucherschutzministerium (BMELV) hat hierzu auch ein paar Verbrauchertipps sowie ein Musterschreiben parat.