Rechtstip der Woche: Vertragsrecht: Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe des Quellcodes durch den Softwareentwickler

Man kennt das: man beauftragt einen selbständigen Programmierer oder eine Agentur mit der Programmierung einer Software. Diese wird erstellt, abgenommen und installiert (meist als compilierte Version). Irgendwann verlangt der Auftraggeber dann den Quellcode - meist weil er Änderungen oder Ergänzungen vornehmen und damit einen anderen Auftragnehmer beauftragen will.

Die Frage ist dann, ob der ursprüngliche Auftragnehmer zur Herausgabe des Quellcodes verpflichtet ist.

Die Antwort: es kommt darauf an, wohl eher aber nicht.

 

Klar ist die Rechtslage, wenn zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer die die Herausgabe des Quellcodes vertraglich vereinbart wurde, etwa in einem Werk- bzw. Werk-Dienstvertrag. Dann besteht zweifelsfreie eine Herausgabeverpflichtung für den Auftragnehmer.

Existiert aber kein Vertrag oder aber ist die Herausgabe der Roh- und Quelldateien darin nicht geregelt, wird es problematisch.

Eine Herausgabeverpflichtung besteht dann für den Programmierer bei Standardsoftware in der Regel nicht. Dies jedenfalls entschied das OLG München mit Urteil vom 16.07.1991 - Az.: 25 U 2586/91.

War hingegen die Erstellung von Individualsoftware Gegenstand des Auftrags, dann muss man nochmals genauer differenzieren. Nach Ansicht des BGH sind dann stets die Umstände des Einzelfalls über eine Interessensabwägung zu berücksichtigen, so etwa der BGH mit Urteil vom 16.12.2003 - AZ.: X ZR 129/01). In der Regel wird dann ein Herausgabeanspruch des Auftraggebers abzulehnen sein, da man nach der sog. "Zweckübertragungsregel" im Urheberrecht des Urheberrechts wohl annehmen muss, dass die Herausgabe zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Software nicht erforderlich ist. Der Auftraggeber kann die bestellte Software ja auch ohne Besitz des Quellcodes nutzen.

Nur wenn für den Auftragnehmer bereits erkennbar war oder wird, dass später etwa weitere Anpassungen oder Erweiterungen an der Software vorgenommen werden sollen, dürfte man einen Herausgabeanspruch des Auftraggebers bejahen können.

Während der Laufzeit eines Wartungs- oder Pflegevertrags aber besteht dieser Anspruch dann nach Auffassung des BGH nicht, so sein Urteil vom 30.01.1986 - AZ.: I ZR 242/83.

 

Wir empfehlen daher stets, die Herausgabeverpflichtung des Quellcodes vertraglich zu vereinbaren, um Streitigkeiten im Nachhinein auszuschließen.

 

Übrigens: als Arbeitgeber kann man von seinen angestellten Programmierern die Quellcodeherausgabe stets unproblematisch verlangen. Der Quellcode ist als "Arbeitnehmererfindung" nach § 69b UrhG an den Arbeitgeber herauszugeben. Meist wird dies aber auch nochmals ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt.

 

Die vorgenannten Ausführungen gelten im Übrigen auch für andere Werke wie Grafik-, Print- oder Musikwerke. Wer etwa vom Designer also nicht nur die finalen Druck-Dateien, sondern auch die Rohdaten und sonstige Arbeitsergebnisse haben will, der sollte das vertraglich regeln.

 

Gerne beraten wir Sie bei der Erstellung entsprechender Verträge.