Rechtstip der Woche: Vertragsrecht: Softwarecode und Hinterlegungsvereinbarung

IT-Projekte haben regelmäßig die Programmierung von Individualsoftware für den Auftraggeber zum Gegenstand. Nach Fertigstellung und Abnahme der Software nutz der Auftraggeber die Software oft über einen sehr langen Zeitraum.

Zudem wird oft die Wartung und Pflege sowie die Lieferung von Updates und Upgrades vereinbart.

Aus Sicht des Auftraggebers ist es sinnvoll, gleich im Auftrag auch die Übertragung des Quellcodes zu vereinbaren. Dies stellt sicher, dass der Auftraggeber weitestgehend unabhängig vom Auftragnehmer (Softwareentwickler) ist und Erweiterungen und Änderungen jederzeit selbst vornehmen (lassen) kann. Fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung über die Überlassung des Quellcodes - etwa im Wege einer Nutzungsrechtevereinbarung - so wird im Zweifel anzunehmen sein, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Überlassung des Quellcodes hat. Mehr zu diesem Thema finden Sie in unserem Rechtstip der Woche: „Vertragsrecht: Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe des Quellcodes durch den Softwareentwickler“ vom 30. Mai 2013. 

Für den Fall, dass der Softwareentwickler dem Auftraggeber die Nutzungsrechte am Quellcode nicht übertragen will, da darin sein gesamtes Know How steckt, im Gegenzug der Auftraggeber aber sicherstellen will, dass er für den Fall, dass der Softwareentwickler Wartungs- oder Erweiterungsleistungen nicht mehr erbringen will oder gar insolvent wird, bietet sich stets der Abschluss einer Hinterlegungsvereinbarung an.

Diese Vereinbarung - auch ""Escrow Agreement" genannt - sieht im Wesentlichen vor, dass der Quellcode, eine Programmdokumentation sowie ggf. weitere Entwicklungsunterlagen treuhänderisch bei einem vertrauenswürdigen Dritten - üblicherweise bei einem Anwalt - hinterlegt werden.

Zunächst ohne weitere Folgen. Erst dann, wenn der Softwareentwickler eine Wartung oder Weiterentwicklung der Software verweigert oder insolvent wird, wird dem Auftraggeber unter genau definierten Anforderungen Zugriff auf den Quellcode gewährt.

 

Hinterlegungsvereinbarung sorgsam und detailliert

Und hier sollte sorgsam vorgegangen und detailliert geregelt werden, wann und wie ein Zugriff des Auftraggebers auf die hinterlegte Software erfolgen darf!

Aus unserer Sicht ist der Abschluss einer Hinterlegungsvereinbarung in vielen Softwareprojekten sehr sinnvoll. Dadurch lassen sich die Interessen beider Vertragsparteien auch im Streitfall wahren. Wesentlich aber ist, dass die Gründe, unter denen dem Auftraggeber ein Zugriff auf die hinterlegte Software gewährt wird, genau definiert sind. Zudem ist es sinnvoll, auch die Form der Hinterlegung genau festzulegen, damit der Auftraggeber bei Zugriff mit den Daten auch etwas anfangen kann.

Letztlich bedarf es dann noch einer genauen Definition, welche Dokumente der Auftraggeber vorzulegen hat, um Zugriff auf die Daten zu erhalten. Dies wäre etwa im Fall der Insolvenz des Softwareentwicklers zumindest eine beglaubigte Abschrift des Insolvenzbeschlusses, im Fall der Ablehnung von Aktualisierungsleistungen durch den Softwareentwickler eine schriftliche Erklärung dessen darüber. Im Insolvenzfall sind zudem weitere Besonderheiten zu beachten, um über den dann zuständigen Insolvenzverwalter den Zugriff auf die Daten auch wirklich gewährt zu bekommen.

Wenn abzusehen ist, dass die Hinterlegung mehrere Jahre erfolgen kann, sollte zudem eine Pflicht des Softwareentwicklers zur regelmäßigen Aktualisierung der hinterlegten Software vereinbart werden.

Wir verfügen über mehrjährige Erfahrung im Hinblick auf den Entwurf und den Abschluss von Hinterlegungsvereinbarungen und fungieren auch in mehreren Projekten als Treuhänder für die hinterlegte Software.

Gerne stellen wir Ihnen dieses Wissen bei Verhandlung von Hinterlegungsvereinbarungen zur Verfügung!