Fehler beim Widerrufsrecht und ihre Folgen

„Wann ist eine Widerrufsbelehrung im Fernabsatzrecht nicht ausreichend und was kann dann passieren?“

Fehler bei der Widerrufsbelehrung werden teuer

Im Fernabsatzrecht gilt seit Juni 2000 für Verkäufe von Unternehme(r)n an Verbraucher, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht. Darüber ist der Verbraucher umfassend und verständlich zu informieren. Diese und weitere gesetzliche Pflichten, die in §§ 312 ff BGB sowie 246 f. EGBGB geregelt sind, wurden zuletzt zum 13.06.2014 reformiert.

Um den Belehrungspflichten nachzukommen besteht für den Unternehmer die Möglichkeit, das amtliche Muster für Widerrufsbelehrungen zu verwenden. Dabei sollte der Unternehmer aber stets darauf achten, nur wenig bzw. möglichst nicht von den dort vorgesehenen Formulierungen abzuweichen. Aus gutem Grund: häufig wurden in der Vergangenheit die Verwendung einer nicht mehr aktuellen Widerrufsbelehrung, die unzulässige Einschränkung des Widerrufsrechts oder eine fehlende oder unzureichende Information über die Übernahme der Rücksendekosten von Wettbewerbern, Wettbewerbsverbänden oder Verbraucherzentralen kostenpflichtig als Wettbewerbsverletzung abgemahnt.

Selbst dann, wenn dem Verbraucher gemäß § 312g Abs. BGB für bestimmte Online-Geschäfte ein Widerrufsrecht nicht zusteht – belehrt werden muss er darüber dennoch. Auch dies wurde und wird oft übersehen.

 

Abweichungen beim Text vermeiden – notwendige Angaben beachten

Auch wenn belanglose Abweichungen von der Muster-Widerrufsbelehrungen nicht zu ihrer Unwirksamkeit führen (so etwa LG Heidelberg, Urteil vom 13.01.2015 - Az.: 2 O 230/14), so sollte der Unternehmer stets achtsam sein, welche Formulierungen er abweichend von der Musterwiderrufsbelehrung verwendet – unzulässige Abweichungen stellen abmahnfähige Wettbewerbsverstöße dar.

Vor allem aber müssen in der Widerrufsbelehrung die notwendigen Angaben enthalten sein. So ist insbesondere die Telefonnummer des Betreibers eines Online-Shops in der Widerrufsbelehrung anzugeben (OLG Hamm, Beschluss vom 03.03.2015 - Az.: 4 U 171/14 und Beschluss vom 24.03.2015 - Az.: 4 U 30/15). Fehlt diese Angabe, so handelt der Unternehmer wettbewerbswidrig.

Gleiches gilt für die Angabe der Faxnummer und der E-Mail-Adresse, so das LG Bochum mit Urteil vom 06.08.2014 - Az.: I-13 O 102/14.

 

Frist-Verlängerung und Verzicht sind zulässig

Nicht wettbewerbswidrig ist es allerdings, dem Verbraucher eine längere als die gesetzlich vorgesehene Widerrufsfrist – etwa 1 Monat statt 14 Tage - einzuräumen, vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.05.2015 - 6 W 42/15.

Auch zulässig ist es, die Einwilligung des Verbrauchers in das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts durch AGB-Formulierungen einzuholen, vgl. AG Neumarkt id. Oberpfalz, Urteil vom 09.04.2015 - Az.: 1 C 28/15. Entscheidend ist dabei stets, dass der Verbraucher eine eindeutige Willenserklärung über den Verzicht auf das Widerrufsrecht abgibt.

 

Wo binde ich die Widerrufsbelehrung ein?

Ein ebenso hohes Abmahnrisiko besteht im Fall einer falschen Platzierung der Widerrufsbelehrung im Shop. Die Widerrufsbelehrung muss dabei zwar nicht zwingend räumlich oberhalb des "Kaufen"-Buttons platziert werden, sie kann auch räumlich unterhalb davon positioniert werden - erforderlich ist lediglich eine räumliche Nähe zum "Kaufen"-Button, so etwa das OLG Köln mit Urteil vom 08.05.2015 - Az.: 6 U 137/14.

Wichtig dabei ist ferner, dass für den Verbraucher eindeutig erkennbar ist, dass es sich hierbei um die Widerrufsbelehrung handelt. Der Link, unter dem dann die Widerrufsbelehrung für den Verbraucher bereitgestellt wird, muss also entsprechend benannt und gestaltet sein, so dass der Verbraucher erkennen kann, welche erwartenden Informationen dahinter aufrufbar sind, vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.12.2006 - Az. 6 U 129/06. Hält aber ein Unternehmer beispielsweise seine Widerrufsbelehrung unter einem Reiter "Über mich" auf der Shop-Seite vor, der eine Belehrung über Verbraucherrechte nicht impliziert, so genügt dies den Anforderungen an eine eindeutige Erkennbarkeit für den Verbraucher nicht und ist als wettbewerbswidrig anzusehen, so das OLG Hamm mit Urteil vom 14.04.2005 - Az.: 4 U 2/05. Ebenso ist es wettbewerbswidrig, wenn der Verbraucher nur über ein übermäßiges Scrollen an die entsprechenden Informationen gelangt.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH. Er entschied in seinem Urteil vom 15.05.2014 -Az.: III ZR 368/13, dass die Widerrufsbelehrung zur vorvertraglichen Information an geeigneter Stelle auf der Website angeführt werden kann. Unzulässig sei es aber, dem Verbrauche per „Opt-In“ die Bestätigung der Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung abzuringen, um sich der bestehenden gesetzlichen nachvertraglichen Belehrungspflicht zu entledigen. So muss der Verkäufer dem Verbraucher weiterhin die Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger bereitstellen, vgl. §312f Abs. 2BGB – etwa als PDF-Datei im Anhang an die Bestellbestätigung per Email.

Die Fehlerquellen bei der Formulierung und Darstellung der Widerrufsbelehrung Online sind also vielfältig. Und bereits ein Verstoß gegen die gesetzlichen Regelungen berechtigt den Wettbewerber dazu, diesen Fehler abzumahnen und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung einzufordern. Damit verbunden ist dann – im Falle einer berechtigten Abmahnung – auch die Übernahmeverpflichtung hinsichtlich der notwendigen Anwaltskosten des Abmahners. Diese liegen – je nach Schwere, Anzahl und Häufigkeit der Verstöße – schnell bei 400 € bis 1.000 €.

 

Verstöße sind schnell erkenn- und dokumentierbar

Zudem sind Fehler schnell erkennbar. Bereits beanstandete oder gar gerichtlich als fehlerhaft festgestellte Formulierungen in Widerrufsbelehrungen lassen sich schlicht „googeln“ – über das Impressum des Anbieters sind dann die Kontaktdaten schnell zur Hand, unter denen die Abmahnung oder die einstweilige Verfügung des Gerichts zugestellt werden kann. Denn bei falscher oder fehlender Reaktion droht neben und vor allem nach erfolgter Abmahnung auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens.

Darüber hinaus überprüfen Unternehmer wie auch Wettbewerbs- und Verbraucherverbände regelmäßig eine Vielzahl an Online-Shops, um gegen wettbewerbsrechtliche Verstöße vorzugehen.

Im Rahmen einer europaweit durchgeführten Marktüberwachungsaktion, des sog. „Sweeps“, werden etwa jedes Jahr auf Veranlassung der Europäischen Kommission Internetshops kontrolliert. In Deutschland wirken dabei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und die Wettbewerbszentrale aktiv mit.

Die Wettbewerbszentrale etwa hält zudem eine Beschwerdestelle vor, über die sich Verbraucher über wettbewerbsrechtliche Verstöße von Unternehmen beschweren können.

 

Fazit:

Wer also als Unternehmer vermeiden will, kostenpflichtige und teure Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbänden zu erhalten, sollte stets darauf achten, dass er bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung, den darin notwendig enthaltenen Angaben sowie auch der Einbindung in seinen Bestellprozess stets die rechtlichen Vorgaben einhält. Im Idealfall bedient er sich dabei anwaltlicher Unterstützung – die ist im Zweifel auch stets günstiger als die Übernahme der Kosten einer Abmahnung.